Restatement of Restitution Rules for Nazi-Confiscated Art - on the current status of the research project at the University of Bonn.

Art - 16. February 2022 - by C. Mauer

Restatement of Restitution Rules for Nazi-Confiscated Art

Das Forschungsprojekt der Universität Bonn

Ein Interview mit Antonetta Stephany, Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin von

 Prof. Dr. Matthias Weller, Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Professur an der Universität Bonn.

Please find the english translation of the interview below.

Berlin

©Håkon Sataøen

Aufgabe

Seit 2019 findet an der Universität Bonn ein Forschungsprojekt statt zur internationalen Praxis der Restitution nationalsozialistischer Raubkunst. Es geht um vermutlich 650.000 durch das NS-Regime entzogene Kunstwerke. Im Rahmen der Washingtoner Erklärung von 1998 haben 44 Staaten erklärt, dass sie die Aufklärung des Raubes bestmöglich vorantreiben wollen. Bund, Länder und Kommunen erklärten erklärte im Dezember 1999 als Reaktion auf die Washingtoner Erklärung, dass sie sich der Identifikation und Rückgabe von NS-Raubgut verpflichten. Private sind hiervon nicht erfasst. Nach Angaben der Bundesregierung sind seit 1998 ca. 20.000 Objekte restituiert worden. Das Bonner Forschungsprojekt erfasst und analysiert solche Fälle aus Deutschland und anderen Staaten, um den Fällen immanente abstrakte Entscheidungsregeln abzuleiten.



Das primäre Problem ist, die Kunstwerke zu identifizieren – Zeitzeug:innen können in den wenigsten Fällen noch befragt werden, entscheidende Dokumente sind nicht mehr auffindbar oder existieren schlicht nicht mehr. Kunst war bei der Plünderung des Eigentums der Verfolgten ein besonderes Ziel der Nationalsozialist:innen. Das Forschungsprojekt stösst in seiner tagtäglichen Arbeit auf unfassbare Geschichten und Schicksale.


Wird es nun endlich ein Restitutions Gesetz geben und ist dieses überhaupt gewollt? Wie würde sich ein solches Gesetz auf Museen und Privatbesitzer auswirken? Ein solches Bild zu zeichnen, strebt Professor Wellers Forschungsprojekt „Restatement of Restitution Rules“ an, in dessen Rahmen soeben die entscheidenden Stellen in Deutschland kontaktiert werden für eine anschliessende Auswertung.

Zum Interview: 

Magazine AF&A: Sie hielten soeben eine Konferenz in Tel-Aviv im Beisein von Juristen, Politikern und einem Philosophen zu diesem Thema ab. Sind Sie mit dem Verlauf zufrieden?

Antonetta Stephany: Die Konferenz – leider nicht in Tel Aviv oder Bonn auf dem Campus, sondern online – unter dem Titel „The Return of Beauty: Restitution of Nazi-looted Art in Comparative Perspectives“ bildete die Abschlussveranstaltung einer binationalen Vorlesung. Zusammen mit Prof. Dr. Leora Bilsky und Ihrem Team von der Universität Tel Aviv haben wir während des Wintersemesters die Veranstaltung „Israeli-German Dialogues: Provenance Research and Restitution Rules for Nazi-Confiscated Art in Comparative Perspectives“ angeboten. Unter dem Leitgedanken der Versöhnung sind dabei im digitalen Raum Studierende aus Israel und Deutschland sowie Wissenschaftler:innen, Praktiker:innen und andere Expert:innen aus aller Welt zum Thema zusammengekommen. Gemeinsam wurden die Grundlagen der Provenienzforschung, also der Erforschung der Objektgeschichte von Kunstwerken, und die sich international herausgebildeten Regeln im Umgang mit NS-verfolgungsbedingten Kulturgutverlusten in den Blick genommen. Der Prozess einer solchen Regelbildung, ihre Anwendung und ihre kritische Rezeption eröffnete spannende Diskussionen.


Den Schlusspunkt bildete dabei die genannte Onlinekonferenz, die öffentlich war und auf großes Interesse stieß. Rund 300 Teilnehmer:innen aus aller Welt loggten sich ein und nahmen, ausgehend von den Vorträgen von Dr. Bianca Gaudenzi (Deutsches Historisches Institut, University of Cambridge, Universität Konstanz), Alexander Herman (Institute of Art and Law, Builth Wells) und Hagi Kenaan (Tel Aviv University) unter Moderation von Prof. Dr. Leora Bilsky und Prof. Dr. Matthias Weller an einer interessanten und gewinnbringenden Diskussion teil. Durch das Projekt konnten internationale Kontakte geknüpft werden und so wird eine Förderung des Landes NRW die Teilnahme einiger deutscher Studierender und Wissenschaftlicher Mitarbeiter:innen an einer Konferenz in Tel Aviv Ende März ermöglichen – dann auch tatsächlich in Tel Aviv und nicht nur online! Insgesamt sind wir also mehr als zufrieden mit dem Verlauf der Veranstaltung und des ganzen Projekts, das im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Restitution NS-verfolgungsbedingten Kulturgutverlusten – einem Thema, das unsere wie auch die israelische Gesellschaft als ein ausstehendes Desiderat der Versöhnung beschäftigt – so vielschichtige Begegnungen ermöglicht hat und noch ermöglichen wird.



Vom NS-Regime entzogene Kunstwerke

Magazine AF&A: Wie viele Kunstwerke verbergen sich noch in öffentlichen Sammlungen und Privatbesitz weltweit?

Antonetta Stephany: Das ist eine Zahl, die wir im Hinblick auf Kunstwerke, die NS-verfolgungsbedingt entzogen wurden oder zumindest verloren gingen, gerne kennen würden! Die aber leider weder vorliegt, noch nach gegenwärtigem Stand möglich ist, tatsächlich zu ermitteln. Auf der Washingtoner Konferenz 1998 wurden Schätzungen in den Raum gestellt, der Kunsthistoriker Prof. Dr. Jonathan Petropoulos bot dabei die Zahl von insgesamt 650.000 durch das NS-Regime entzogenen Kunstwerken an.


Was wir aber mit Sicherheit wissen: im Rahmen der Washingtoner Erklärung von 1998 haben 44 Staaten erklärt, dass sie die Erforschung der Provenienz von Objekten und damit die Identifikation von NS-Raubkunst durch die Zurverfügungstellung von Mitteln und Personal, die Öffnung von Archiven, die Einrichtung zentraler Register und die Unterstützung der ursprünglichen Eigentümer:innen oder ihrer Erb:innen ermöglichen und bestmöglich vorantreiben wollen. 


Dies bezieht sich aber primär auf staatliche Einrichtungen und die öffentliche Hand, Private sind dadurch nicht direkt angesprochen – sind aber natürlich eingeladen, freiwillig ihr Eigentum ebenfalls zu untersuchen. In Deutschland haben Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände im Anschluss an die Washingtoner Erklärung eine gemeinsame Erklärung abgegeben, mit der sie die Washingtoner Prinzipien auf nationaler Ebene umsetzen wollen. So wurden in Deutschland bereits viele Bestände von öffentlichen Museen oder anderen Einrichtungen überprüft und nach wie vor immer neue Projekte zur Provenienzforschung ins Leben gerufen. In unserem Forschungsprojekt haben wir in etwas mehr als zwei Jahren bisher fast 700 normativ aufschlussreiche Fälle erfasst, teilweise beziehen sich die Fälle direkt auf mehrere Objekte, insgesamt sind seit 1998 nach Angaben der Bundesregierung ca. 20.000 Objekte restituiert worden. Und wir stoßen nach wie vor auf immer neue Fälle! 


Und genauso wie die Erfassung von Fällen ist auch die Identifikation NS-verfolgungsbedingt verlorener Kunstwerke ein sowohl in Deutschland als auch weltweit laufender Prozess, der so mittel- und personalaufwendig ist, dass die Annäherung an eine Zahl, die Ihre Frage beantwortet, in naher Zukunft kaum möglich sein wird.



Magazine AF&A: Wenn es ein Gesetz zur Rückführung gäbe, welche Probleme hätten Museen und Sammler dann?

Antonetta Stephany: Zunächst einmal stellen sich im Kontext NS-verfolgungsbedingter Verluste Probleme, die unabhängig von der Existenz etwaiger Restitutionsgesetze bestehen und rein faktischer Natur sind. So ist es zuallererst erforderlich, solche Kunstwerke zu identifizieren – was wie gerade angesprochen schon rein zahlenmäßig eine äußerst umfangreiche Aufgabe darstellt. Dies wird im Einzelnen verstärkt durch den Umstand, dass sich die Provenienz heute oft gar nicht mehr zweifelsfrei klären lässt. Zeitzeug:innen können in den wenigsten Fällen noch befragt werden, entscheidende Dokumente sind oft nicht mehr auffindbar oder existieren schlicht nicht mehr, die Erforschung der einzelnen Objektgeschichten ist also alles andere als einfach.


Hinsichtlich eines möglichen Gesetzes zur Rückführung sind nun verschiedenste Formen der Ausgestaltung möglich. Allein die Konzeption einer solchen Rechtsgrundlage eröffnet unterschiedliche Problemkreise, in denen sich zahlreiche Interessen gegenüberstehen, Recht und Moral treffen aufeinander. Teilweise wird die Schaffung eines Gesetzes als per se ungeeignet zur Lösung des Konflikts abgelehnt, auf der anderen Seite werden natürlich auch wichtige Argumente für ein solches Gesetz ins Feld geführt. Vor der Frage, welche Probleme ein solches Gesetz eröffnen würde, wäre also erst einmal die Frage zu klären, ob ein solches Gesetz im Umgang mit NS-verfolgungsbedingten Kulturgutverlusten sinnvoll wäre und wie ein solches Gesetz aussehen könnte.

Schloss Neuschwanstein

Im Schloss Neuschwanstein wurde von den Nazis ein Raubkunstdepot eingerichtet; 2014 erschien der Film "The Monuments-Men",

der diese Geschichte nachzeichnet (Anmerkung der Redaktion)

©Mark Neal

Welche Richtlinien gelten für Museen

Magazine AF&A: Können Sie mir zu der "Handreichung für Museen und öffentliche Einrichtungen" etwas erzählen?

Antonetta Stephany:

Die Handreichung setzt die Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz, die im Dezember 1999 als Reaktion auf die Washingtoner Erklärung abgegeben wurde, um. Wie bereits erwähnt haben sich mit dieser Erklärung Bund, Länder und Kommunen der Identifikation und Rückgabe von NS-Raubgut verpflichtet. Private sind nicht erfasst, es wird aber an sie appelliert, ebenfalls an der Umsetzung der Washingtoner Prinzipien mitzuwirken.  Text


Die Handreichung ist nun aber auch für Bund, Länder und Kommunen kein rechtlich verbindlicher Katalog zum Umgang mit NS- verfolgungsbedingt entzogenen oder verlorenen Objekten, es handelt sich vielmehr um eine unverbindliche Orientierungshilfe. So finden sich neben einem allgemeinen, informativen Teil zu den Washingtoner Prinzipien und der Entwicklung seitdem verschiedene Kapitel, die den Prozess abbilden, der bei einem Museum in der Regel abläuft, wenn es um NS-Raubgut geht. Am Anfang stehen die Bestandsprüfung und Dokumentation der Sammlung, um Objekte mit NS-Bezug zu identifizieren. Die Handreichung bietet hier eine Checkliste zur Prüfung an oder auch Kontakte für Projektförderungen und Ansprechpartner:innen. Als nächstes wird über den Umgang mit den Ergebnissen der Bestandsprüfung aufgeklärt, unter anderem wird hier die Lost Art-Datenbank vorgestellt und die Erb:innenermittlung in den Blick genommen.


Nur eine Orientierungshilfe für Museen

Schließlich findet sich als Kernstück der Handreichung die eigentliche Orientierungshilfe, die Leitfragen für die Prüfung eines möglichen NS- verfolgungsbedingten Verlustes aufstellt. Eine solche Prüfung ist erforderlich, um anschließend eine Entscheidung zu treffen, die eine gerechte und faire Lösung im Sinne der Washingtoner Prinzipien darstellt. Auch hierbei handelt es sich aber nicht um ein rechtlich verbindliches Regelwerk! Wie der Titel Orientierungshilfe schon sagt, handelt es sich lediglich um einen Fragenkatalog, der Museen und anderen Einrichtungen sowie ihren Trägern als eine Art Werkzeug an die Hand gegeben wird. In welchem Umfang davon dann Gebrauch gemacht wird, ist jeder entscheidenden Stelle selbst überlassen. Bisher konnten wir jedoch im Rahmen unseres Projektes beobachten, dass die Handreichung in der Regel von den entscheidenden Stellen herangezogen wird.


Wäre ein Restitutionsgesetz überhaupt erwünscht

Magazine AF&A: Wessen Unterstützung, von Regierungen oder Museen - wäre wichtig, um endlich ein Gesetz zu haben?


Antonetta Stephany:

 Wie bereits erwähnt, ist zunächst die Frage zu klären, ob man ein solches Gesetz überhaupt haben möchte. Daran schließt sich dann die nächste Entscheidung an, nämlich wie dieses Gesetz inhaltlich ausgestaltet werden soll. Zur Klärung dieser Frage kann der Kontakt zu den Stellen helfen, die aktuell und oftmals auch schon seit mittlerweile einigen Jahren in Fällen von NS-verfolgungsbedingten Verlusten von Kunstwerken entscheiden. Welches Bild zeichnet hier die Praxis? Welche Verlustgeschichten, in anderen Worten welche Sachverhalte wurden bereits entschieden? Ein solches Bild zu zeichnen, strebt nun Professor Wellers Forschungsprojekt „Restatement of Restitution Rules“ hier in Bonn an, in dessen Rahmen wir die entscheidenden Stellen vor allem in Deutschland kontaktieren und ihre Fälle auswerten.


Daneben besteht aber auch enger Kontakt zu Vertreter:innen der Anspruchsteller:innenseite, also zu den ursprünglichen Eigentümer:innen bzw. ihren Erb:innen. Eine solche Erfassung der aktuellen Praxis im Umgang mit NS-verfolgungsbedingten Kulturgutverlusten hier in Deutschland und darüber hinaus auch in anderen Staaten, kann nun als Ausgangspunkt dienen, Fragen des ob und des wie hinsichtlich eines „Restitutionsgesetzes“ zu klären. 


Schloss Belvedere, Wien, Österreich

Das Porträt von Adele Bloch-Bauer von Gustav Klimt hing in der Galerie des Belvedere, bevor es 2006 von Österreich an die Erben, vertreten durch Maria Altmann, Nichte von Adele Bloch-Bauer, zurückgegeben wurde. (Anm. d. Red.)

Das Kunstrückgabegesetz von Österreich

Magazine AF&A: Welches Land hat hier bislang am meisten erreicht?
Antonetta Stephany
: Oftmals wird an dieser Stelle Österreich genannt, da Österreich als einziger Staat eine gesetzliche Regelung auf Bundesebene bezüglich des Umgangs mit NS-verfolgungsbedingten Kulturgutverlusten hat. uer

Das bereits 1998 beschlossene Kunstrückgabegesetz eröffnet aber – und das auch ausdrücklich – keine Ansprüche der ursprünglichen Eigentümer:innen oder ihrer Erb:innen. Der Staat wird lediglich ermächtigt, betroffenes Kulturgut an diese zu übereignen. Dabei wird der Staat allein von sich aus tätig, ursprüngliche Eigentümer:innen oder deren Erb:innen haben keine verbindliche Möglichkeit, Ansprüche – die nach dem Gesetz ja auch gerade nicht bestehen – geltend zu machen oder eine Befassung des Staates mit ihrem Fall auszulösen. Dieser Umstand wird in der Diskussion in Deutschland häufig übersehen, während die Ausgestaltung des Kunstrückgabegesetzes insbesondere im Hinblick auf das Verfahren in Österreich breiter Kritik ausgesetzt ist. Es lässt sich also nicht sagen, dass Österreich allein durch den Beschluss dieses Gesetzes eine Vorreiterrolle einnimmt.  Text


Im Hinblick auf die Staaten, die die Washingtoner Prinzipien unterzeichnet haben, sind fünf Staaten hervorzuheben: Deutschland sowie Österreich, die Niederlande, Frankreich und Großbritannien.

Diese Länder ha

ben Kommissionen oder Beratungsgremien geschaffen, die sich mit der Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kunst- oder Kulturgütern befassen. Im Einzelnen sind diese Kommissionen sehr unterschiedlich ausgestaltet und ihre bloße Existenz vermag nun, wie auch das österreichische Gesetz, nicht zu dem Urteil führen, dass in diesen Staaten „am meisten erreicht“ wurde.


So wird nämlich beispielsweise in den USA oftmals betont, dass eine solche Kommission dort gar nicht erforderlich wäre, da der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet sei – und so wurden auch schon viele derartige Fälle vor Gericht ausgetragen. Ist dadurch nun weniger erreicht? Die Frage lässt sich nicht abschließend beantworten, eine Art „Rangfolge“ gibt es nicht. Es kann lediglich festgehalten werden, dass sich manche Staaten umfassender mit dem Thema beschäftigen als andere – wobei auch dabei zu berücksichtigen ist, dass die Situation der unterschiedlichen Staaten nicht so pauschal vergleichbar ist. Während der NS-Zeit waren die verschiedenen Staaten teilweise durch das NS-Regime zumindest kontrolliert, andere, wie beispielsweise Großbritannien, waren niemals besetzt. Es stellen sich also in den verschiedenen Staaten ganz unterschiedliche Fragen im Umgang mit NS-verfolgungsbedingten verlorenen Kulturgütern.


Außerdem spielen wie bereits angesprochen auch die heute geltenden nationalen Rechtsordnungen eine große Rolle, worauf übrigens gerade auch in der Präambel der Washingtoner Prinzipien Bezug genommen wird.


Magazine AF&A: Hatten Sie auch emotionale Momente mit Ihrem Projekt? Hinter diesen Kunstwerken stehen Tragödien – die Rede ist auch manchmal von Blut, das von den Bildern tropft. Ist es auch vorgekommen, dass Besitzer moralische Probleme bekamen?

Antonetta Stephany: Teil unserer täglichen Arbeit im Forschungsprojekt ist die Erfassung und Verarbeitung von Fällen, die uns von Museen und deren Trägern zur Verfügung gestellt werden oder auf die wir selbst stoßen. Zweck unserer Verarbeitung der Fälle ist die Ermittlung der normativen Erwägungen, die jeweils angestellt wurden.


Doch dazu gehört stets auch ein Sachverhalt, der das Ergebnis der Provenienzrecherche zu einem Kunstwerk ist. Die Geschichten und Schicksale der ursprünglichen Eigentümer:innen die hinter den Kunstwerken stehen, sind immer wieder aufs Neue bewegend und der Schrecken des NS-Regimes so unfassbar.


Im Kontext mit NS-Raubkunst wird die umfassende Organisation des Regimes deutlich, einerseits hinsichtlich des Holocaust, andererseits auch in Form dieses größten Kunstraubes der Geschichte, wie es immer wieder genannt wird. Kunst war bei der Plünderung des Eigentums der verfolgten Bevölkerungsgruppen ein besonderes Ziel der Nationalsozialist:innen, und so wurde sie systematisch direkt entzogen oder für Schleuderpreise eingekauft.


Fälle, in denen beispielsweise einzelne Bücher von gar nicht besonders hohem Wert wiedergefunden und zurückgegeben werden, sind oft sehr bewegend. Natürlich sind wir nicht selbst an diesem Prozess der Identifikation eines Objekts, der Entscheidung über eine Rückgabe und der Suche nach Eigentümer:innen oder deren Erb:innen beteiligt. Aber im Kontakt mit Museen und deren Trägern wird uns von solchen emotionalen Momenten persönlicher Rückgaben berichtet.


Magazine AF&A: Vielen Dank für das Interview.

Das Interview führte Claudia Mauer 12. Februar 2022


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Das Regelwerk wird in englischer Sprache erarbeitet und wird zum Abschluss des fünfjährigen Projekts voraussichtlich 2024 veröffentlicht werden.




Kontakt:

Forschungsprojekt „Restatement of Restitution Rules"

Institut für deutsches und internationales Zivilprozessrecht und Konfliktmanagement

 Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Professur für Bürgerliches Recht,

Kunst- und Kulturgutschutzrecht

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Hausanschrift: Lennéstr. 31, 53113 Bonn Postanschrift: Adenauerallee 24-42, 53113 Bonn

antonetta.stephany@uni-bonn.de

www.uni-bonn.de 

English Version

This is an English translation prepared by the author. The original interview was conducted in german language.

16. February 2022

Art - 16. February 2022 - by C. Mauer

Restatement of Restitution Rules for Nazi-Confiscated Art

and the current status of the research project at the University of Bonn.

Does Germany need a restitution law?

An interview with Antonetta Stephany, research assistant and PhD student of Prof. Dr. Matthias Weller,

Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Professorship at the University of Bonn.


The mission

Since 2019, a research project has been taking place at the University of Bonn on the international practice of restitution of Nazis looted art. It concerns presumably 650,000 works of art seized by the Nazi regime. Within the framework of the Washington Declaration of 1998, 44 states declared that they wanted to advance the clarification of the looting as best as possible. In December 1999, in response to the Washington Declaration, the German government declared that the the Federal Government, the Länder and local communities are obliged to identify and return Nazi looted property. Private individuals are not covered by this. According to the Federal Government, only about 20,000 objects have been restituted since 1998. So the Bonn research project is still coming across new cases!


Incomprehensible fates

The primary problem is to identify the works of art - in very few cases can contemporary witnesses still be questioned, decisive documents can no longer be found or simply no longer exist. Art was a particular target of the Nazis in the plundering of the property of the victims. In its daily work, the research project comes across incomprehensible stories and fates.


Will there finally be a restitution law and is this even wanted? How would such a law affect museums and private owners?


Professor Weller's research project "Restatement of Restitution Rules" aims to draw such a picture. Within the framework of this project, the decisive authorities in Germany are currently being contacted for a subsequent evaluation.

The Interview

Magazine AF&A: You just held a conference in Tel-Aviv in the presence of lawyers, politicians and a philosopher on this topic. Are you satisfied with how it went?

Antonetta Stephany: The conference - unfortunately not in Tel Aviv or Bonn on campus, but online - entitled "The Return of Beauty: Restitution of Nazi-looted Art in Comparative Perspectives" was the final event of a binational lecture. Together with Prof. Dr. Leora Bilsky and her team from Tel Aviv University, we offered the course "Israeli-German Dialogues: Provenance Research and Restitution Rules for Nazi-Confiscated Art in Comparative Perspectives" during the winter semester. Under the guiding principle of reconciliation, students from Israel and Germany as well as scholars, practitioners, and other experts from all over the world came together in a digital space to discuss the topic. Together, they examined the fundamentals of provenance research, i.e. research into the history of artworks, and the rules that have emerged internationally for dealing with the loss of cultural property as a result of Nazi persecution. The process of such rule formation, its application and critical reception opened up exciting discussions.


The final event was the aforementioned online conference, which was open to the public and met with great interest. About 300 participants from all over the world logged on and, based on the presentations of Dr. Bianca Gaudenzi (German Historical Institute, University of Cambridge, University of Konstanz), Alexander Herman (Institute of Art and Law, Builth Wells) and Hagi Kenaan (Tel Aviv University), moderated by Prof. Dr. Leora Bilsky and Prof. Dr. Matthias Weller, took part in an interesting and profitable discussion. Through the project, international contacts could be established and a grant from the state of North Rhine-Westphalia will enable some German students and research assistants to participate in a conference in Tel Aviv at the end of March - then actually in Tel Aviv and not only online! All in all, we are more than satisfied with the course of the event and the entire project, which has enabled and will continue to enable such multi-layered encounters in the context of dealing with the restitution of Nazi persecution-related cultural property losses - a topic that occupies both our and Israeli society as an outstanding desideratum of reconciliation.



Magazine AF&A: How many artworks are still hidden in public collections and private collections worldwide?

Antonetta Stephany: This is a number we would like to know with regard to artworks that were seized or at least lost due to Nazi persecution! But unfortunately it is neither available nor, according to the current state of affairs, possible to actually determine. At the Washington Conference in 1998, estimates were put forward; the art historian Prof. Dr. Jonathan Petropoulos offered the figure of a total of 650,000 works of art seized by the Nazi regime.


What we do know for sure, however, is that in the framework of the Washington Declaration of 1998, 44 states declared that they would make it possible to research the provenance of objects and thus identify Nazi looted art by providing funds and personnel, opening archives, setting up central registers and supporting the original owners or their heirs in the best possible way. 


However, this primarily refers to state institutions and the public sector; private individuals are not directly addressed by this - but are of course invited to voluntarily investigate their property as well. In Germany, following the Washington Declaration, the federal, state and municipal umbrella organizations have issued a joint declaration aimed at implementing the Washington Principles at national level. As a result, many holdings of public museums or other institutions have already been examined in Germany, and new projects on provenance research continue to be launched. In our research project, we have so far recorded almost 700 normatively informative cases in just over two years, some of which relate directly to several objects. According to the German government, a total of around 20,000 objects have been restituted since 1998. And we are still coming across new cases! 


And just like the recording of cases, the identification of works of art lost to Nazi persecution is an ongoing process both in Germany and worldwide, which is so costly in terms of resources and personnel that it will hardly be possible to come close to a figure that answers your question in the near future.


Magazine AF&A: If there were a law on restitution, what problems would museums and collectors face?

Antonetta Stephany: First of all, in the context of Nazi persecution-related losses, there are problems that exist independently of the existence of any restitution laws and are of a purely factual nature. First and foremost, it is necessary to identify such works of art - which, as just mentioned, is an extremely extensive task in terms of numbers alone. This is intensified in detail by the fact that today the provenance can often no longer be clarified beyond doubt. In very few cases can contemporary witnesses still be interviewed, decisive documents can often no longer be found or simply no longer exist, so researching the individual object histories is anything but simple.


With regard to a possible law on repatriation, a wide variety of forms are now possible. The very conception of such a legal basis opens up different problem areas in which numerous interests are opposed; law and morality collide. In part, the creation of a law is rejected as per se unsuitable for resolving the conflict; on the other hand, of course, important arguments are put forward in favor of such a law. Before asking what problems such a law would open up, it would therefore first be necessary to clarify whether such a law would make sense in dealing with Nazi persecution-related losses of cultural property and what such a law might look like.


Schloss Neuschwanstein

A looted art depot was set up by the Nazis in Neuschwanstein Castle;

in 2014, the film "The Monuments-Men" was released, which traces this history (Editor's note)

©Mark Neal

Which are the guidelines for the museums

Magazine AF&A: Can you tell me something about the "Handreichung für Museen und öffentliche Einrichtungen"?

Antonetta Stephany: The handout implements the declaration of the federal government, the states and the central municipal associations on the identification and restitution of Nazi-confiscated cultural property, especially Jewish property, which was issued in December 1999 in response to the Washington Declaration. As already mentioned, this declaration commits the federal, state and local governments to the identification and restitution of looted Nazi property. Private individuals are not covered, but they are called upon to cooperate in the implementation of the Washington Principles.


However, the handbook is not a legally binding catalog for the federal, state and local governments on how to deal with objects seized or lost as a result of Nazi persecution; rather, it is a non-binding guide. Thus, in addition to a general, informative section on the Washington Principles and the development since then, there are various chapters that depict the process that usually takes place at a museum when dealing with Nazi looted property. The process begins with an inventory review and documentation of the collection to identify objects with Nazi connections. The handout offers a checklist for this purpose, as well as contacts for project funding and contact persons. The next step is to explain how to deal with the results of the inventory check; among other things, the Lost Art database is presented and the investigation of inheritance is taken into account.



Only a Orientation Guide for museums

Finally, the core of the handout is the actual orientation guide, which poses guiding questions for the examination of a possible loss due to Nazi persecution. Such an examination is necessary in order to subsequently make a decision that represents a just and fair resolution in accordance with the Washington Principles. However, this is also not a legally binding set of rules! As the title Orientation Guide indicates, it is merely a catalog of questions that museums and other institutions and their sponsors are given as a kind of tool. To what extent it is then used is up to each deciding body. So far, however, we have been able to observe in the context of our project that the handout is generally consulted by the decision-making bodies.



Would a restitution law be desirable at all?
Magazine AF&A: Whose support, from governments or museums - would be important to finally have a law?

Antonetta Stephany: As mentioned before, the first question is whether one would want such a law at all. This is then followed by the next decision, namely how this law should be structured in terms of content. In order to clarify this question, it can be helpful to contact the authorities that are currently deciding, and have often been deciding for several years now, in cases of art works lost as a result of Nazi persecution. What picture does the practice paint here? What stories of loss, in other words, what facts have already been decided? Professor Weller's research project "Restatement of Restitution Rules" here in Bonn aims to draw such a picture. Within the framework of this project, we are contacting the decisive authorities, especially in Germany, and evaluating their cases. 


In addition, we are in close contact with representatives of the claimants, i.e. with the original owners or their heirs. Such a record of current practice in dealing with Nazi persecution-related losses of cultural property here in Germany and in other countries can now serve as a starting point for clarifying questions of whether and how a "restitution law" should be enacted.


Belvedere Palace, Vienna, Austria

The portrait of Adele Bloch-Bauer by Gustav Klimt hung in the Belvedere Gallery before being returned by Austria in 2006

to the heirs, represented by Maria Altmann, niece of Adele Bloch-Bauer. (Editor's note)

The Art Restitution Law of Austria

Magazine AF&A: Which country has achieved the most here so far?

Antonetta Stephany: Austria is often mentioned here because it is the only country that has a legal regulation at the federal level regarding the handling of Nazi persecution-related losses of cultural property. 


However, the Art Restitution Act, which was passed as early as 1998, does not - and expressly does not - open up any claims on the part of the original owners or their heirs. The state is merely authorized to transfer affected cultural property to them. The state acts on its own initiative; original owners or their heirs have no binding possibility to assert claims - which do not exist under the law - or to trigger a referral of their case to the state. This fact is often overlooked in the discussion in Germany, while the design of the Art Restitution Act is subject to widespread criticism, especially with regard to the procedure in Austria. It cannot be said, therefore, that Austria is a pioneer simply because of the adoption of this law.


With regard to the states that have signed the Washington Principles, five states stand out: Germany, as well as Austria, the Netherlands, France, and the United Kingdom. 


These countries have created commissions or advisory bodies to deal with the restitution of art or cultural property seized as a result of Nazi persecution. In detail, these commissions are very differently structured, and their mere existence cannot now, like the Austrian law, lead to the judgment that "most has been achieved" in these states. 


In the U.S., for example, it is often emphasized that such a commission would not even be necessary there, since legal recourse is available to the ordinary courts - and so many such cases have already been brought before the courts. Does this mean that less has been achieved? The question cannot be answered conclusively; there is no kind of "ranking". It can only be stated that some states are dealing with the issue more comprehensively than others - although it must also be taken into account that the situation of the different states is not so sweepingly comparable. During the Nazi period, some of the various states were at least controlled by the Nazi regime, while others, such as Great Britain, were never occupied. Thus, very different questions arise in the various states in dealing with cultural assets lost to Nazi persecution. 


In addition, as already mentioned, the national legal systems in force today also play a major role, which, by the way, is referred to precisely in the preamble to the Washington Principles.



Art was a particular target of the Nazis

Magazine AF&A: Did you also have emotional moments with your project? There are tragedies behind these works of art - there is also sometimes talk of blood dripping from the paintings. Did it also happen that owners got moral problems?

Antonetta Stephany: Part of our daily work in the research project is to collect and process cases that are provided to us by museums and their owners or that we come across ourselves. The purpose of our processing of cases is to identify the normative considerations that have been made in each case. 


But this always includes facts that are the result of provenance research on a work of art. The stories and fates of the original owner:s behind the artworks are always moving and the horror of the Nazi regime so incomprehensible. 


In the context of Nazi looted art, the comprehensive organization of the regime becomes clear, on the one hand with regard to the Holocaust, and on the other hand in the form of this largest art theft in history, as it is repeatedly called. Art was a particular target of the National Socialists in the looting of the property of the persecuted population groups, and so it was systematically seized directly or bought for knockdown prices.


Cases in which, for example, individual books of not particularly high value are recovered and returned are often very moving. Of course, we are not ourselves involved in this process of identifying an object, deciding whether to return it, and searching for the owner or their heir. But in our contact with museums and their owners we are told of such emotional moments of personal restitution.




The rulebook is being developed in English and is expected to be published at the conclusion of the five-year project in 2024.


Contact:

Research Project "Restatement of Restitution Rules". 

Institute for German and International Civil Procedure Law and Conflict Management

Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Professorship for Civil Law, Art and Cultural Property Law 


Rheinische Friedrich-Wilhelms-University Bonn

Address: Lennéstr. 31, 53113 Bonn, Germany

Postal address: Adenauerallee 24-42, 53113 Bonn, Germany

antonetta.stephany@uni-bonn.de 

www.uni-bonn.de


By C. Mauer, 16. February 2022

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